Ob Lise Meitner, Karl Nehammer oder Christoph Waltz: Sie alle haben eine Privatschule besucht. Zehn Prozent aller Schüler:innen in Österreich besuchen derzeit eine private Bildungseinrichtung. Doch wie funktionieren diese – und sind sie ihr Geld wert?
Von Moritz Kieck
Der Ruf von öffentlichen Schulen leidet immer wieder unter Negativschlagzeilen, etwa aufgrund von Vandalismus und überforderten Lehrer:innen. Einige Eltern sehen eine ausreichende Schulbildung nur gesichert, wenn sie ihre Kinder auf eine Privatschule schicken. Aber wie gut ist diese Alternative wirklich?
Stefan Hopmann ist ehemaliger Professor am Institut für Bildungswissenschaft der Uni Wien. Er erklärt, dass es Privatschulen in Österreich tatsächlich schwer haben, sich erfolgstechnisch von der Masse abzuheben: „Wir sind ausdrücklich nicht in den USA, wo der Abstand zwischen Spitzenschulen und anderen Schulen riesig ist. Die Schulqualität hier in Österreich ist im internationalen Vergleich sehr hoch und sehr stabil.“ Da in Österreich lediglich kirchliche Träger sowie die Sängerknaben staatliche Unterstützung erhalten, finden sich in Österreich keine privatwirtschaftlichen Betreiber wie etwa die GEMS Group wieder, welche beispielsweise in Deutschland und der Schweiz aktiv ist.
„Familien, die sich zwei Skiurlaube leisten konnten“
Nasti Baumgartner, 21, ist auf eine Privatschule gegangen, die Handelsakademie+ in Mödling. Zuvor hatte sie außer der privaten noch eine öffentliche Schule besichtigt, war von der HAK+ jedoch sofort angetan: „Die Privatschule hatte die viel besseren Smartboards, viel geilere Tische und Sessel, und die Lehrer waren auch viel sympathischer und offener.“ Schulgeld war bei ihr etwa 2200 Euro im Jahr fällig. Viele Vorzüge der Privatschule wie etwa ein Praktikum in Irland konnte sie jedoch aufgrund von Corona nicht auskosten.
Sie berichtet von einem ständigen Konkurrenzkampf, besonders vor der Matura. Viele ihrer Mitschüler:innen kamen aus wohlhabenden Haushalten: „Es gab Familien, die sich ganz entspannt zwei Skiurlaube leisten konnten und den ganzen Sommer weg waren. Praktika haben diese Kinder oft auch ganz einfach über Kontakte bekommen, da hat man bei manchen einfach gemerkt, dass sie wohlhabender sind.“
Mit dem Besuch von Privatschulen vererben wohlhabende Eltern Bildung an ihre Kinder. Hopmann erklärt: „Eltern tun für ihre Kinder fast alles. Weil Bildung ist das Einzige, was man heutzutage mit Sicherheit vererben kann. Deshalb sind Eltern bereit sich lang zu strecken, sogar Kredite aufzunehmen aufs Haus oder ähnliches, um den Schulbesuch ihrer Kinder durchzufinanzieren. Und das machen sie natürlich in der Erwartung eines gewissen Payoffs.“ Dieser Payoff soll möglichst auch eine sozial homogene Schule sein: „Die bezahlen doch nicht Geld für den sozialen Unterschied, wenn der nicht da ist!“ Der Wunsch der Eltern, dass ihre Kinder sich nicht mit „Schmuddelkindern“ abgeben, sei für die Mehrzahl der wichtigste Grund für einen Privatschulbesuch, wie Hopmann in Umfragen festgestellt hat.
Limitierter finanzieller Spielraum
Auch John Hilotin, 19, besucht eine Privatschule, die Vienna Business School Floridsdorf. Er beschreibt seine Schule als nicht besonders elitär. Für viele sei die VBS eine Art Notfallschule gewesen, auch er ist nur aufgrund des Platzmangels an einer öffentlichen HAK zur VBS gekommen. An der VBS befindet sich neben der HAK auch eine Handelsschule. Hier käme es häufig zu Vandalismus, berichtet John: „Ich habe schon einige Steckdosen und Stühle im Garten und am Parkplatz gesehen, die offensichtlich geworfen wurden.“ Er muss zwar auch etwa 2000 Euro Schulgeld zahlen, er moniert jedoch, dass die Benefits von diesem Geld nicht wirklich sichtbar sind: „Täglich müssen wir darunter leiden, dass Technik nicht funktioniert, wir müssen zum Beispiel einen Stock verwenden, um den Beamer zu verwenden, weil die Fernbedienung hin geworden ist.“ Da Lehrergehälter den Löwenanteil der Betriebskosten ausmachen, bleibt jedoch oft wenig finanzieller Spielraum übrig.
Es lässt sich streiten, ob Privatschulen tatsächlich die beste Lösung für die ideale Schulbildung des Kindes sind. Sie sind jedoch ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Schulsystems und haben bereits viele Persönlichkeiten hervorgebracht.
Credit: VBS Floridsdorf Homepage