von Tobias Lammer
Drogen sind ein Teil der Gesellschaft. Ungefähr jeder dritte erwachsene Mensch weltweit hat im Jahr 2021 zumindest einmal eine illegale Droge konsumiert. Und dieser Trend bleibt seit Jahren stabil. Die Realität zeigt: Drogen werden konsumiert – unabhängig von gesetzlichen Verboten. Also stellt sich die Frage: Wenn Konsum ohnehin stattfindet, wie kann ein sicherer und gesundheitsorientierter Umgang damit aussehen?
Das ISP: Ursachen verstehen, statt Symptome bekämpfen
Genau hier setzt das Suchtpräventions-Institut Wien (ISP) an. „Wir setzen in der Prävention auf das biopsychosoziale Modell. Das ist eben wissenschaftlich fundiert“, erklärt Meike Hufnagels, die am ISP im Bereich E-Mental-Health arbeitet. Dieser Ansatz steht im Kontrast zur Prohibition, die sie als ein politisch motiviertes und nicht wissenschaftlich begründetes Mittel beschreibt. „Sucht ist eben eine psychische Erkrankung, obwohl sie in der Gesellschaft oft immer noch als eine Form von Willensschwäche angesehen wird.“
Während repressive Maßnahmen meist auf die Bekämpfung der Symptome – also des Konsums – abzielen, setzt das ISP bei den Ursachen an, die Menschen in riskante oder abhängige Konsummuster führen. Das biopsychosoziale Modell begreift Sucht als das Zusammenspiel biologischer, psychischer und sozialer Faktoren: genetische Veranlagungen, der Umgang mit Stress oder traumatischen Erlebnissen sowie soziale Bedingungen wie Familie, Freundeskreis, Bildung oder gesellschaftlicher Druck.
Vielfältige Prävention – digital und vor Ort
Prävention bedeutet für das ISP, auf mehreren Ebenen gleichzeitig zu wirken. Ziel ist es, Menschen frühzeitig zu stärken, sie zur Reflexion anzuregen und ihnen alternative Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. In Schulen, Jugendzentren oder Ausbildungsstätten kommen dabei interaktive Formate zum Einsatz, die Risikokompetenz und Entscheidungssicherheit fördern – ohne moralische Bewertung.
Auch wenn bereits Konsum besteht, endet die Unterstützung nicht. Besonders im digitalen Raum bietet das ISP niederschwellige Angebote wie Online-Workshops und Selbsthilfeformate an, um frühzeitig Hilfe zu ermöglichen. Dadurch das diese Angebote online und Kostenfrei sind, wird es für Betroffene leichter einen einfachen ersten Schritt zu tätigen.
Checkit – Konsum sicherer gestalten
Es ist aber auch wichtig Konsumenten zu helfen, in dem man den Konsum sicherer gestaltet, und Risiken minimiert. Genau das macht sich Checkit zur Aufgabe, eine Organisation der Suchthilfe Wien.
Sie richten sich direkt an Konsumierende, vor allem im Bereich des Freizeitdrogenkonsum. Es geht nicht nur darum, Konsum zu verhindern, sondern ihn verantwortungsbewusst und informiert zu gestalten. Das gelingt seit über 20 Jahren durch ein Angebot, das auf dem Schwarzmarkt fehlt: verlässliche Informationen.
Das Team von Checkit testet illegale Substanzen, berät zu Risiken und klärt über Safer Use auf – anonym und kostenlos. „Was mir wichtig ist: dass Menschen selbstbestimmt Entscheidungen treffen – auch über ihren Konsum“, sagt Sarah, die seit rund zwei Jahren freiberuflich bei Checkit arbeitet. Ihrer Erfahrung nach gelingt das nur durch fundierte Information: „Einerseits, was wirklich in der Substanz enthalten ist, und andererseits durch Aufklärung.“
Die Homebase: Analyse & Beratung

Website: https://checkit.wien/beratung/
Zentrale Anlaufstelle ist die Checkit Homebase in der Gumpendorferstraße 8 in Wien. Dort können Proben ohne Termin abgegeben werden. Neben den Substanztests gibt es Beratung zu Wirkstoffen, Gesundheitsrisiken und Möglichkeiten zur Konsumreflexion.
Das Testen selbst ist unkompliziert: Bei Pillen genügt Abrieb, bei Flüssigkeiten reichen drei Tropfen, bei Blottern (z. B. bei LSD) wird die Hälfte abgeschnitten. Bei Pulvern werden etwa 15 Milligramm benötigt – diese Menge muss selbst abgewogen werden, da das Personal aus rechtlichen Gründen keine Substanzen portionieren darf. Pflanzliche Stoffe wie Cannabis oder Pilze werden nur in Ausnahmefällen analysiert – etwa bei Verdacht auf synthetische Beimischungen.
Alternativ können Proben auch online angemeldet und über drei Partnerapotheken in Wien abgegeben werden.
Checkit auf Events: sicher testen, anonym beraten
Auch auf Festivals und Großveranstaltungen ist Checkit mit einem mobilen Zelt vor Ort. Dort werden wie in der Homebase Proben getestet und Konsument:innen beraten. Sarah, die auch zum Event-Team gehört, sagt:
„Was viele interessiert: Was ist, wenn Zivilpolizei auf der Party ist? Das ist ziemlich cool, denn es gibt eine vereinbarte Bannmeile um das Zelt, mit der Polizei. Daran wird sich auch gehalten.“
Nach der Abgabe erhalten Konsumierende eine Nummer. Sobald die Probe analysiert ist, erscheinen die Ergebnisse anonymisiert auf einer Tafel vor dem Zelt – häufig noch am selben Abend. Die polizeifreie Zone rund um das Zelt schafft einen geschützten Raum für alle, die sich informieren wollen, ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen.
Wissen, das schützt
Auch ohne persönlichen Kontakt bietet Checkit Zugang zu verlässlicher Information. Auf der Website finden sich Daten zu verschiedenen Wirkstoffen – von Alkohol und Cannabis bis zu MDMA oder Amphetaminen – sowie aktuelle Warnungen vor besonders gefährlichen Substanzen. Der Ablauf der Substanztests wird dort Schritt für Schritt erklärt. Das Ziel bleibt dabei klar: Wissen zugänglich machen, Risiken sichtbar machen – und Menschen die Möglichkeit geben, selbstbestimmte und sichere Entscheidungen zu treffen.