„Leiwand ist es nicht. Aber ohne geht es einfach nicht“ Schichtarbeit und ihre Nachteile.

Schichtarbeit ist für viele Arbeitnehmer*innen Alltag – und gleichzeitig eine große Herausforderung. Unregelmäßige Arbeitszeiten belasten Gesundheit und Privatleben. Dennoch bleibt das Modell aus wirtschaftlichen Gründen unverzichtbar.

„Papa, musst du wirklich jetzt noch arbeiten gehen?“ Diese Frage bekommt Martin Knoll-Dieminger von seinen Söhnen gestellt, wenn er bei der Familienfeier am Abend nicht dabei sein kann, weil für ihn die Nachtschicht am Programm steht. Martin Knoll-Dieminger ist 35 Jahre alt, Vater von zwei Söhnen und Schichtarbeiter in der Papierfabrik Mondi in Kematen. Die variierenden Arbeitszeiten sind nicht einfach und für einen Familienmenschen schwer mit der Freizeit seiner Liebsten zu vereinbaren.

Auswirkungen auf Gesundheit und Schlaf

Laut einer Studie der Universität Wien arbeiten aktuell rund 600.000 bis 700.000 Österreicher*innen in Schichtarbeit. Schichtarbeit ist eine Arbeitsform, bei der sich mehrere Arbeitnehmer*innen bei der Arbeit abwechseln, um den Betrieb über längere Zeiträume, oft rund um die Uhr, aufrechtzuerhalten. Diese Form der Arbeit betrifft ein Fünftel aller Erwerbstätigen. Dass Schichtarbeit schlecht für die Gesundheit ist und auf längere Zeit gravierende Auswirkungen haben kann, belegen zahlreiche Studien, wie die der Produktionsgewerkschaft. Timon Pfleger, Arbeitszeitexperte der Arbeiterkammer Wien, erklärt, dass die Schlafqualität und die generelle Zufriedenheit unter den Arbeitszeiten leiden würden.

Eine Alternative zu diesem Modell sehen weder Martin Knoll-Dieminger noch Timon Pfleger: „Die Maschinen müssen durchlaufen und von Menschen betreut werden. Zumindest solange uns die Roboter nicht ersetzen.“ Eine Abschaffung der Schichtarbeit macht somit aus arbeitstechnischen Gründen keinen Sinn. Auch eine mögliche zukünftige 4-Tage-Woche kommt im Schichtbetrieb nicht in Frage. Nicht ausgeschlossen sei jedoch eine Reduktion der generellen Wochenarbeitszeit auf 35 Stunden, so Timon Pfleger.

Vorteile der Schichtarbeit

Der Schichtbetrieb hat aber auch positive Seiten, sagt Knoll-Dieminger. Er arbeitet zwei Tage in der Frühschicht, zwei Tage in der Tagschicht und zwei Tage in der Nachtschicht. Danach hat der 35-Jährige vier Tage frei. Diese Zeit schätzt der Familienvater sehr und ist neben den monetären Vorteilen das Hauptargument für das Arbeiten im Schichtbetrieb. In derselben Branche wird den Schichtarbeiter*innen mehr bezahlt, als den Arbeiternehmer*innen, die zur Normalarbeitszeit arbeiten. So will man die Nachteile der schlechteren Arbeitszeiten ausgleichen. Generell sei es eine Gewöhnungssache: Je länger man arbeitet, desto einfacher werde es. Auch die Familie lerne mit der Zeit immer besser damit umzugehen. Ein gewisser Verzicht auf manche Sachen sei aber trotzdem nötig. „Wenn die ganze Verwandtschaft am Abend zusammenkommt und man selbst hat genau dann eine Nachtschicht am Programm, ist das natürlich anfangs nicht leicht. Aber man lernt auch, sich an solche Situationen zu gewöhnen“, beteuert der Schichtarbeiter.

Hilfe für die Betroffenen

Unterstützung bietet die Betriebsleitung. „Unser Schichtleiter ist ein sehr familiärer Mensch. Zu dem kannst du mit jedem Problem kommen, der hat immer ein offenes Ohr für dich“, erzählt Knoll-Dieminger. Die Arbeiterkammer bietet laut Pfleger beispielsweise Beratungen bei psychischen oder physischen Belastungen an. Diese werden auch von vielen Menschen in Anspruch genommen.

Produktion in der Papierfabrik. Bild von: marcin049 von Pixabay

Es ist also davon auszugehen, dass das Modell der Schichtarbeit noch länger bestehen bleibt, da das Abstellen der Maschinen ein zu großer finanzieller Schaden wäre, schildert Pfleger. Ein Problem, welches eine Lösung verlangt, sehen Knoll-Dieminger und Pfleger in der kurzfristigen Änderung der Schichtpläne. Zu oft passiere es, dass man einen Tag zuvor gesagt bekommt, man müsse am nächsten Tag eine Schicht einlegen. Das wirkt sich enorm auf die Zufriedenheit der Arbeiter*innen aus. Eine Umfrage der IG Metall zeigt, dass zwei Drittel der Schichtarbeiter*innen mit ihrer Arbeitszeit zufrieden sind, wenn es nicht zu spontanen Änderungen im Schichtplan kommt. „Befragte mit häufiger Schichtverkürzung oder -verlängerung sind dagegen nur zu knapp 43 Prozent zufrieden“, schreibt die Industriegewerkschaft.

Für Knoll-Dieminger und viele andere bedeutet Schichtarbeit einen ständigen Balanceakt zwischen Beruf und Familie. Damit dieses Modell langfristig tragbar bleibt, braucht es mehr Planungssicherheit und echte Rücksichtnahme auf die Lebensrealität der Betroffenen.